Informationsfahrt der Interessengemeinschaft Limousin Hessen nach Frankreich.
30 hessische Limousinzüchter mit Gästen aus Bayern und NRW unternahmen kürzlich eine 5-tägige Informationsfahrt ins Ursprungsgebiet der Fleischrinderrasse Limousin nach Limoges im Südwesten Frankreichs.
Als erster Besichtigungsbetrieb wurde auf der Hinreise der Betrieb von Denis Schmitt in Atton zwischen Metz und Nancy gelegen angefahren. Denis Schmitt bewirtschaftet mit Sohn Nicola und Frau 100 ha Ackerland und 90 ha Grünland und hält 70 Mutterkühe mit Nachzucht. Seit 20 Jahren werden Limousinrinder gezüchtet. Hierbei wird viel Wert gelegt auf feine Knochen, lange Körper und lang Becken, breite Umdreher sowie hohes Gewicht. Neben dem Zuchtviehverkauf ist die Direktvermarktung ein wichtiges Standbein des Betriebes. Das Fleisch von über 20 Jungkühen und 10-12 Absetzern wird jährlich in 20 kg Paketen direkt an Kunden verkauft. Zur Kundenwerbung wird jährlich ein „Tag der offenen Tür“ veranstaltet bei dem mehrere hundert potenzielle Kunden mit Probieressen verköstigt werden. Bei der Rundfahrt auf einem Ballenwagen über mehrere Weiden fielen besonders die Kälber des Bullen GORDI RR ein Danois-Sohn aus einer Mic Mac-Tochter auf, die viel Rahmen, Tiefe und Bemuskelung zeigten sowie die Kälber des Bullen ICE-TEA ein Elite RR-Sohn der breite Becken und Länge vererbt hat. Das anschließende Mittagessen bei herrlichem Wetter im Garten der Familie Schmitt rundete den hervorragenden Gesamteindruck des Betriebes ab.
Nach der ersten Übernachtung wurden zwischen Chateauroux und Limoges mit Gaec Lagautriére und Geac Camus zwei der zurzeit besten Limousinzuchtbetriebe Frankreichs besichtigt. Auf dem Betrieb Lagautriére begrüßte uns der Chef der Interlim Zuchtorganisation Gilles Lequeux der uns den Tag über begleitete. Der Betrieb Lagautriére bewirtschaftet 168 ha Land davon 143 ha Grünland. 120 Kühe sind im Herdbuch eingetragen. Als Zuchtziel werden allgemein lange Becken verbunden mit Leichtkalbigkeit angestrebt. Lange Becken sind für das Kalben besser als breite Becken wie uns der Betriebsleiter erklärte. 95% der Kühe müssen alleine kalben, schwere Kälber über 55 kg Gewicht werden von der Zucht ausgeschlossen. Weiterhin sind gute maternale Muttereigenschaften wichtig, wobei viel Wert auf hohe Milchleistung und gute Charaktereigenschaften der Kühe gelegt wird. Charakterschwache Tiere werden gemästet und aussortiert. Auch die Hornlosigkeit ist ein zunehmend wichtiges Thema in Frankreich. Auf dem Betrieb Lagautriére werden 20 % der Tiere mit Hornlosbullen verschiedener Blutlinien wie Rolf, Mateo und CN Rex belegt. Allgemein sind die hornlosen Tiere in den Sitzbeinen enger und im Endgewicht 50 kg leichter wie er sagte. Es wird daher oft mit behornten Bullen wieder zurückgekreuzt. Der genomische Test ist bei den Züchtern in Frankreich nicht sehr beliebt da einzelne unterdurchschnittliche Werte den Verkauf negativ beeinflussen können. Bullen die die Zucht auf dem Betrieb Lagautriére positiv beeinflusst haben sind der Haricot-Sohn Napoleon RRE VS und seine Söhne Ultrabo MN RRE VS und Seducteur. Alles Bullen die viel Milch vererben. Auf den Nationalschauen stellt Lagautriére keine Tiere mehr aus da sich das Schauniveau wie er sagt zu sehr von den eigenen züchterischen Vorstellungen entfernt habe. Beeindruckend war eine im Freßgitter stehende Gruppe von jungen Verkaufsbullen die durch hervorragende Bemuskelung und breiten Becken auffielen.
Der bekannten Limousin-Zuchtbetriebes Ceac Camus bewirtschaftet 205 ha Land davon 155 ha Grünland. Seit 1982 werden Limousinrinder gezüchtet und ab den 90er Jahren regelmäßig auf den großen Schauen Frankreichs in Paris, den Nationalschauen und auf Regionalschauen erfolgreich ausgestellt. Einige der bekanntesten Bullen des Betriebes sind Pacha der 3mal hintereinander die Schau in Paris gewonnen hat, der Neuf-Sohn Casanova und Gateau ein exzellenter Schau und Produktionsbulle. Züchterisch wird viel Wert gelegt auf breite und lange Becken, gute Bemuskelung und korrektes Skelet. Der Betrieb nimmt auch an dem Blason Prestige Programm teil über welches Schlachtkühe zwischen 5 und 10 Jahre alt vermarktet werden. Das durchschnittliche Schlachtgewicht dieser Kühe lag im letzten Jahr bei 560 kg. Die Vorstellung der Herde erfolgte durch den Sohn des Betriebsleiters der bei der Zuchtorganisation Sofrelim angestellt ist die Beratung in Zuchtfragen, Haltung und Vermarktung anbietet. Beim Rundgang über die hofnahe Weide waren große schwere Schaukühe unter anderen auch die Siegerkuh und im Stall der Sieger-Jungbulle der Paris-Schau 2016 zu sehen. Beeindruckend waren auch die am Stall zum Verkauf angebundenen Jungbullen. Unter ihnen auch ein hornloser Bulle mit einem super Becken aus der Paarung Mateo PP x Hidalgo PP.
Auch der dritte Betrieb des Tages Earl Rousseau im Norden von Limoges gelegen beeindruckte mit hervorragenden Zuchttieren. Der auf der Weide vorgestellte Herdenbulle Hirohito ein Barvardage-Sohn mit enormer Länge, Breite und Bemuskelung sowie mit einem hervorragenden Iboval-Index ausgestattet, hat der Herde deutlich seinen Stempel aufgedrückt. Ein Bullenkalb von ihm aus einer Jungkuh, dessen Vater ein Star-Sohn im letzten Jahr an Fielmann verkauft wurde, gefiel den Fahrtteilnehmern besonders gut. Ein weiterer Sohn von ihm hat die Prüfung in Lanaud mit einem hervorragenden 2. Platz erfolgreich abgeschlossen. Da genug Nachkommen von Hirohito vorhanden sind soll der Bulle demnächst auf der Nationalschau „Concours National Limousin“ versteigert werden. Weiterhin wurde uns ein sehr korrektes über 700 kg schweres Rind vorgestellt welches für die Nationalschau gemeldet ist. Der Betrieb stockt zurzeit die Herde bis auf 200 Kühe auf.
Am dritten Tag wurde der 15 km südlich von Limoges gelegene Betrieb Geac Deconchat-Faure besichtigt. Der Betrieb ist schon seit mehreren Generationen von altem Landadel gepachtet. Auf zwei Betriebsstätten 4 km voneinander entfernt werden 230 ha Land davon 193 ha Grünland vom Betriebsleiter und einem Manager bewirtschaftet. Zwischen Atlantik und Zentralmassiv gelegen ist das Klima um Limoges herum sehr wechselhaft mit viel Niederschlägen (800 mm) und mild ohne Schnee im Winter. Seit 1930 werden auf dem Betrieb Limousinrinder gehalten und ab 1950 intensiv gezüchtet. Zuchtziel des Betriebes ist eine mittelrahmige Kuh mit einem Schlachtgewicht von 500 kg mit guten maternalen Eigenschaften wie Milch- und Aufzuchtleistung sowie gutes Kalbeverhalten. Von den weiblichen Absetzern gehen rund 80 % in die Zucht, von den männlichen 30 - 40 %. Die restlichen Absetzer werden mit einem Gewicht von rund 400 kg nach Italien und Griechenland verkauft. Die Hälfte der Herdenbullen sind über die Versteigerungen in Lanaud gekauft worden. 10 % der Herde werden mit Hornlosbullen besamt. Dies waren bisher vor allem die Bullen Mateo PP und CN Rex PP da diese französische Genetik haben. Hornlose Bullen werden noch sehr zögerlich eingesetzt und hornlose Rinder meist wieder mit gehörnten Bullen belegt obwohl auch in Frankreich der Markt für hornlose Tiere gut ist. Beim Betriebsrundgang wurden zwei hervorragende Herdenbullen gezeigt mit Neuf und Moikant im Pedigree sowie gute Kälber von Rex PP. Für die 2018 in Lanaud erstmals geplante Prüfung und Versteigerung von Rindern sind auch zwei Tiere gemeldet.
Nach einer Stadtführung durch Limoges fand das Abendessen in einem Limousin-Restaurant statt. Hier gab es Limousin-Steaks aus dem Blason Prestige Programm. Über das Blason Prestige-Programm werden 5 bis 10 Jahre alte Kühe vermarktet. Der Konsument honoriert das Wissen darüber woher das Tier kommt, wer das Tier produziert hat und was für ein Tier es ist.
Ein weiterer Höhepunkt der Fahrt war die Besichtigung der Bullenprüfstation Lanaud in der Nähe von Limoges gelegen. Hier begrüßte uns Sophie Mournetas von Interlim, der Vermarktungsorganisation für französische Limousin Genetik. Im Versteigerungsraum der Prüfstation erklärte sie uns zunächst wie sich die Rasse Limousin von einer 3-Nutzungsrasse vor 100 Jahren bis zur heutigen weltbekannten Fleischrinderrasse entwickelt habe. In den letzten 50 Jahren sei die Zahl der eingetragenen Herdbuchtiere der Rasse Limousin in Frankreich von 285000 auf über 1,2 Millionen angestiegen und habe sich auch weltweit stark verbreitet. Die Erfolgsursachen seien vor allem gutes Fleisch und leichte Kalbungen. Seit 1984 werden Prüfungen auf der Station in Lanaud durchgeführt. Hauptselektionsmerkmale sind auf maternaler Seite Milchleistung, Fruchtbarkeit und Futteraufnahme im Fleischbereich Bemuskelung und Wachstumsmerkmale. Nach einem bestimmten Auswahlprogramm werden jährlich rund 500 Jungbullen landesweit ausgewählt und im Alter von 8 – 9 Monaten aufgestallt. In der Umstellungszeit erfolgt auch eine Wesensprüfung bei der nochmal rund 5% der Bullen aussortiert werden. Nach Abschluss der Prüfungen werden die 50 % besten Bullen „Reproducteur Jeune (RJ) die anderen „Espoir“ genannt. Nach der Analyse ihrer Fleischleistung und mütterlicher Zuchtwerte werden die besten Bullen in RR (10%) und RRE (1%) qualifiziert. Es werden in Lanaud vier Durchgänge pro Jahr getestet und anschließend versteigert. Die Bullen werden ad lib. gefüttert und bekommen eine Ration aus Stroh, Heu und Kraftfutter die auf 1200g tägl. Zunahme ausgelegt ist. Beim Rundgang durch die Stallungen hatten wir die gute Gelegenheit mithilfe von Prüflisten die Bullen für die nächste Auktion am 15. Und 16. November d. J. in Augenschein zu nehmen.
Am Nachmittag wurde der Betrieb Earl Meyrignac besichtigt, der 2012 auf der französischen Indexliste der besten Zuchtbetriebe auf dem 1. Platz stand. Der Betrieb bewirtschaftet 160 ha Grünland und 60 ha Ackerland. An Arbeitskräften stehen der Betriebsleiter und ein Mitarbeiter zur Verfügung. Es werden 130 Kühe mit Nachzucht gehalten sowie 3 Herdenbullen. 60 % der Tiere werden künstlich besamt. Als Zuchtziel wird ein mittelrahmiger Mixet-Typ angestrebt mit guter Bemuskelung, feinen Knochen, breitem Becken und gutem Index. Viel Wert wird auf ein mittleres Geburtsgewicht gelegt welches zurzeit bei 45 kg liegt. Die Abkalbungen liegen alle im Herbst d.h. die Rinder kalben je nach Entwicklung entweder mit 24 Monaten oder 36 Monaten ab. Im Betrieb wird relativ stark selektiert. 20 – 30 Rinder werden jährlich aufgestallt der Rest verkauft. Bei den männlichen sind es nur 15 Jungbullen jährlich die für die Zucht ausselektiert werden. Die besten von ihnen gehen zur Bullenprüfstation nach Lanaud. Imponieren war der 4jährige Herdenbulle Ilot mit enormer Bemuskelung und Breite sowie sehr korrektem Fundament.
Der letzte Betrieb der Besichtigungstour war die Domaine de Bourdelas. 180 ha Grünland und 30 ha Ackerland werden hier bewirtschaftet. Erst ab 2004 werden Limousins gezüchtet. Vorher war der Betrieb reiner Fleischproduzent. Auch heute gehen noch 80 % der Produktion in die Mast. Das durchschnittliche Schlachtgewicht der Kühe liegt bei hohen 520 kg. Als Zuchtziel wird der mittlere Mixet-Typ angestrebt mit hohen Schlachtgewichten und guten maternalen Eigenschaften. Auf der Weide waren mittelrahmige, enorm breite und sehr gut bemuskelte Kälber von durchschnittlichen Kühen und geprüften behornten Herdenbullen zu sehen. Seit 2012 werden mit Beratung des auch bei uns bekannten Greg Peniere hornlose Bullen wie Mateo PP, Pontus PP und CN Rex PP eingesetzt. Eine Gruppe guter weiblicher Absetzer stammte überwiegend aus der Paarung Mateo-Mutter x CN Rex PP-Vater. Interessant war auch die Zuchtphilosophie des Betriebsleiters für den Einsatz der Hornlosgenetik. Die besten Tiere mit reiner Blutführung werden im Herdbuch A geführt und mit gehörnten Bullen belegt. Alle anderen Tiere mit Farbfehlern wie weiße Flecken, oder schwarze Haare in den Ohren kommen in die Herdbuchstufe B. Diese B-Tiere möchte er durch die Einkreuzung von Hornlosbullen aufwerten damit sie sich besser verkaufen lassen.
Ganz herzlich bedanken möchten wir uns bei Herrn Robert Duhr aus Luxemburg für die Übersetzungen aus dem Französischen und bei Hans Hildenbrand für die sehr umfangreichen Vorbereitungen und Durchführung dieser überaus interessanten Informationsfahrt nach Frankreich.
W. Vackiner
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